Mit dieser Veröffentlichung soll eine Vision für die weitere Entwicklung einer nachhaltigen Finanzindustrie in den kommenden fünf Jahren dargelegt werden. Die Coronakrise und ihre Auswirkungen werden für die Entwicklung der Geschäfte ausschlaggebend sein. Wir können jedoch weiterhin den Gesamtrahmen für die Finanzdienstleistungsindustrie und den allgemeinen Kurs festlegen.
Unserer Definition der künftigen Entwicklung der luxemburgischen Finanzindustrie liegt der über Jahrzehnte erzielte Erfolg zugrunde: Offenheit gegenüber dem internationalen Handel und Offenheit gegenüber finanziellen und technologischen Innovationen. Vor allem hat Luxemburg immer wieder seine Fähigkeit und Beweglichkeit bewiesen, sich an neue Umstände anzupassen.
Von einer armen Agrargesellschaft im 19. Jahrhundert entwickelte sich Luxemburg zu einem wichtigen Anbieter in der europäischen Stahlindustrie. Das Land beherbergt den weltweit größten Satellitenflottenbetreiber und war auch in jüngerer Zeit ein Pionier der Erforschung des kommerziellen Weltraums.
Parallel dazu hat sich Luxemburg zu einem der führenden europäischen Finanzplätze entwickelt. Seit dem 19. Jahrhundert hat Luxemburg durch den Einsatz der Talente seiner Bevölkerung eine Erfolgsgeschichte aufgebaut und gleichzeitig auf die sich verändernden Bedürfnisse und Anforderungen der europäischen und internationalen Kunden reagiert.
1928 wurde die Börse Luxemburg gegründet, die später eine historische Rolle bei der Entwicklung der internationalen Schuldenmärkte spielte: 1963 notierte sie die erste Eurodollar-Anleihe, die von der italienischen Autostrade ausgegeben wurde.
Internationale Banken gibt es in Luxemburg seit dem 19. Jahrhundert. Die vollständige Entwicklung zum Finanzplatz Luxemburg erfolgte erst in den 1970er Jahren als Banken, insbesondere aus den USA, Geschäfte für Transaktionen mit mehreren Währungen, Konsortialkredite und Eurobond-Aktivitäten aufbauten.
In den 1980er Jahren wurde Luxemburg zu einem regionalen Zentrum für Vermögensverwaltung und ist es bis heute geblieben. Der Kundenstamm erstreckt sich nun von Europa bis in den Nahen Osten und nach Lateinamerika.
1988 war Luxemburg das erste Mitglied der damaligen Europäischen Gemeinschaften, das einen neuen Rahmen für europaweite Fonds einführte – OGAW (Unternehmen für kollektive Anlagen in übertragbare Wertpapiere). Angesichts des Wegfalls von Komplexität und Kosten, die sich aus der Einrichtung separater lokaler Produkte für jeden einzelnen Markt ergeben, begannen große Fondsmanager aus den USA und europäischen Ländern, grenzübergreifende Investmentfonds aus Luxemburg aufzulegen. Diese Entwicklung förderte ein hohes Maß an Know-how im Bereich Asset Servicing und ein einzigartiges Ökosystem von Dienstleistern, was Skaleneffekte ermöglichte. Das Ergebnis: Luxemburg hat in den vergangenen drei Jahrzehnten einen erheblichen Beitrag zur Schaffung einer wirklich internationalen, grenzübergreifenden Fondsindustrie geleistet.
Aktuell gehören Fondsverwaltung und Dienstleistungen zu den Kernaktivitäten der luxemburgischen Finanzindustrie. Zahlreiche der 127 in Luxemburg vertretenen internationalen Banken bedienen das Fondsgeschäft mit Depotführungs- und Depotbankaktivitäten sowie Asset Servicing. Das verwaltete Vermögen der luxemburgischen Investmentfonds beläuft sich auf 4,4 Billionen Euro (5 Billionen Dollar). Damit ist Luxemburg das Fondszentrum Nr. 1 in Europa. International nimmt es hinter den USA den 2. Platz ein. Über 400 Fondspromoter haben in Luxemburg rund 3.800 Fonds aufgelegt, die in 73 Ländern weltweit verkauft werden. Damit sind luxemburgische Fonds das am weitesten verbreitete Anlageinstrument. 98 der 100 größten europäischen Vermögensverwalter verfügen über luxemburgische Fonds. Gleichzeitig hat sich Luxemburg in den vergangenen Jahren zu einem führenden europäischen Zentrum für alternative Investmentfonds entwickelt.
19 der 20 führenden Private-Equity-Gesellschaften sind in Luxemburg tätig, wobei das AuM in luxemburgischen Private-Equity-Fonds 2018 um 20 Prozent und 2019 sogar um 50 Prozent gestiegen sind.
Zahlreiche Banken in Luxemburg bieten sowohl im Bereich Fondsdienstleistungen als auch im Bereich der Vermögensverwaltung hervorragende Leistungen. In Luxemburg ansässige Banken betreuen auch europäische und internationale Kunden in anderen Bereichen – beispielsweise Firmenkundengeschäfte und Treasury- Dienstleistungen, Kapitalmarktoperationen und Handelsfinanzierungen usw.
Zu den Vermögensverwaltungsaktivitäten gehört eine hoch entwickelte Lebensversicherungsbranche mit einzigartigem Know-how, mit dem
kundenspezifische Versicherungsprodukte angeboten werden. Dazu zählen insbesondere fondsgebundene Versicherungspläne für international mobile Kunden. Darüber hinaus hat sich das Großherzogtum in jüngerer Zeit zu einem grenzübergreifenden Zentrum im Nichtlebensversicherungssektor entwickelt: Mehrere große Versicherungsunternehmen haben nach dem Brexit ihren EU-Schwerpunkt nach Luxemburg verlagert.
Seit der Jahrhundertwende konnte Luxemburg durch die Präsenz von Giganten wie Paypal, Amazon Payments, Alipay, Rakuten und Six Payments einen bedeutenden Zahlungscluster in Europa aufbauen. Diese Unternehmen bedienen ihre europäischen Kunden von Luxemburg aus. Generell war die Technologie in den vergangenen Jahren der Motor für die Entwicklung des Finanzplatzes Luxemburg.
Während sich viele FinTech-Unternehmen, wie beispielsweise Zahlungsdienstleister, in Luxemburg niedergelassen haben und von dort aus die europäischen Kunden zu bedienen, bietet der Finanzplatz selbst einen wichtigen Kundenstamm sowie ein Testfeld für FinTech-Unternehmen, für die Entwicklung und Vermarktung neuer Lösungen, vor allem im RegTech-Bereich.
2015 markierte das Pariser Klimakonferenz-Abkommen einen Wendepunkt, indem das Potenzial umweltfreundlicher Finanzierungen erschlossen und die Notwendigkeit einer Ausweitung der Investitionen unterstrichen wurde. Luxemburg war an der Spitze dieser Entwicklung und zählt zu den umweltfreundlichsten Finanzplätzen der Welt. Der weltweit erste Green Bond wurde 2007 von der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg notiert. Gegenwärtig sind bei der LGX (Luxembourg Green Exchange) über die Hälfte der grünen Anleihen weltweit gelistet. Auch die verantwortlichen Investmentfonds verzeichnen ein deutliches Wachstum. In diesem Bereich repräsentieren die luxemburgischen Fonds derzeit 31 Prozent aller dieser europäischen Fonds. Luxemburg ist stolz darauf, mit einem Marktanteil von 61 Prozent an verwalteten globalen Vermögenswerten bei Mikrofinanz-Anlageinstrumenten weltweit eine führende Rolle einzunehmen.
Ob im traditionellen Finanzwesen oder in neueren Bereichen wie FinTech oder nachhaltigem Finanzwesen – Luxemburgs wirklicher Mehrwert für
Finanzinstitute liegt in erster Linie im Know-how mehrerer Gerichtsbarkeiten, das im Großherzogtum vorhanden ist. Damit ist Luxemburg eine ausgezeichnete Ergänzung zu anderen europäischen Finanzplätzen. Aufgrund seiner Geschichte wirtschaftlicher Offenheit und seiner mehrsprachigen, multikulturellen Bevölkerung nimmt Luxemburg eine einzigartige Position ein. Damit kann es Unternehmen das passende Know-how und Talent anbieten, das sie benötigen, um Kunden in mehreren Märkten zu bedienen.
Infolge des Brexits mussten Finanzunternehmen bestimmte Aktivitäten auf alternative EU-Zentren verlagern, um sicherzustellen, dass sie ihre EU-Kunden weiterhin bedienen können. Diese Entwicklung hat das Wertversprechen Luxemburgs als grenzübergreifendes Kompetenzzentrum bestätigt. Diesen Ruf hat das Land über Jahrzehnte hinweg in den Bereichen Fondsverwaltung, Banken, Versicherungen und Zahlungen aufgebaut.
Ihre Entscheidungen für Luxemburg bestätigen seine Rolle als eines der führenden Finanzplätze in Europa. Ihre künftigen Aktivitäten in Luxemburg werden das finanzielle Ökosystem des Herzogtums weiter bereichern.
Die von Covid-19 ausgelöste Krise hat möglicherweise die anderen großen Herausforderungen des Finanzsektors in den Schatten gestellt, aber sie
sicherlich nicht gelöst: Der Brexit und die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien bleiben ein wichtiges und ungelöstes Problem. Geopolitische Spannungen und Handelskriege werden die globalen Märkte weiterhin erschüttern. Der Populismus wird eine mächtige Kraft bleiben, die mit den Ängsten und wirtschaftlichen Unsicherheiten der Menschen spielt.
Die Aussicht auf anhaltend niedrige Zinsen wird tiefgreifende Auswirkungen auf Ersparnisse und Investitionen haben. Die Notwendigkeit erneut über die Finanzierung der Renten nachzudenken wird jetzt noch dringlicher, da die Regierungen zur Bewältigung der Krise die Staatsverschuldung erheblich erhöht haben. Die Stärkung und Modernisierung unseres Ökosystems in den kommenden fünf Jahren genießt höchste Priorität. Es muss für die Zukunft noch widerstandsfähiger und nachhaltiger gestaltet werden.